Entwicklung der Persönlichkeit | Schönheit eines ganz eigenen Lachens

Lieber Leser, dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Thema „Entwicklung der Persönlichkeit“. Dafür, was „Persönlichkeit“ genau ist, gibt es keine allgemein gültige Definition. Zum Beispiel spricht Wikipedia von weit über 50 verschiedenen Erklärungsansätzen zu diesem Begriff.

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Also ist nicht wirklich klar, WAS es genau ist, das entwickelt werden soll. Und obwohl das nicht klar ist, taucht „Persönlichkeit“ ständig und wie selbstverständlich in unserem Sprachgebrauch auf, z.B. in Sätzen wie „Das nehme ich persönlich“, „Aus persönlichen Gründen…“, „…persönlich betroffen sein…“, „wichtige Persönlichkeit“, „Persönlichkeit des öffentlichen Lebens“, „persönliche Gegenstände“, „persönlich angegriffen werden“ etc..

Anlässlich der Anfrage, einen Artikel über die Entwicklung der Persönlichkeit zu schreiben, befragte ich einige meiner Freunde und Bekannten, was ihnen spontan zu dem Begriff „Persönlichkeit“ einfällt. Was denken Sie ist „Persönlichkeit“? Vergleichen Sie Ihre Antwort doch einmal mit denen meines Freundes- und Bekanntenkreises:

1. „Wie man in der Welt nach außen hin agiert.“

2. „Die Fähigkeit, sich in der Welt zurecht zu finden, mit allen seinen Ecken und Kanten.“

3. „Eine Persönlichkeit ist meiner Meinung nach das emotionale und kognitive Verhalten eines Menschen, begründet in der Vererbung von Charaktereigenschafen und persönlichen Erfahrungen.“

4. „Für mich ist Persönlichkeit eine Ausstrahlung, die über Gesagtes hinausgeht.“

5. „Persönlichkeit ist für mich die Individualität jedes Einzelnen. Wir unterscheiden uns alle durch verschiedene Charaktere und Eigenschaften. Je mehr man sich seiner Linie treu bleibt, desto mehr spreche ich von einer starken Persönlichkeit.“

6. „Persönlichkeit: Die Schönheit eines ganz eigenen Lachens und das Leuchten unserer Augen fällt mir zuerst ein! Die Persönlichkeit wird denke ich durch Köperbewegung, Sprache und Mimik zum Ausdruck gebracht, aber eigentlich ist es etwas Unsichtbares, absolut Schönes, Glitzerndes - es ist eigenwillig und unangepasst und frei. Es ist einfach da! Wie eine unsichtbare Energie die in uns und außerhalb von uns andere berührt und Inspiriert.“

7. „Persönlichkeit ist das, was ich aus meiner Geschichte heraus geworden bin, was mich geprägt hat und was ich mitgenommen & daraus gemacht habe.“

8. „Persönlichkeit ist das, was ein Mensch durch seine Lebensumstände und den Ort und die Zeit seiner Geburt wird, nicht das, was er sozusagen von Geburt aus ist, also ist es etwas anderes als sein unveränderlicher Wesenskern.“

9. „Persönlichkeit ist Ganzheit, alle Facetten eines Menschen die zusammen das Ganze ergeben. Dabei ist nichts Statisches, sondern die Persönlichkeit entwickelt sich stetig und unablässig.“

Diesen 9 Aussagen möchte ich noch eine 10. hinzufügen, nämlich meine eigene:

10. „Persönlichkeit ist alles, was „Ich“ sagt, beziehungsweise behauptet, es wäre „Ich“.

Die 9 Aussagen meiner Freunde und Bekannten werde ich unkommentiert stehen lassen. Nummer 10, meine eigene Auffassung, möchte ich im Folgenden erläutern.

Wenn Menschen über sich sprechen, sagen sie in der Regel Sätze wie „Ich bin (immer oder häufig oder gelegentlich) so und so...“, „Ich sehe das (meistens, immer, oft) so und so“, „Ich fühle mich (heute, immer, oft) so und so“, „Ich finde das so und/oder so“, „Ich bin überzeugt, dass…“, „Ich glaube, dass…“, „Ich nehme an, dass…“. Dieses Konglomerat von Aussagen hat eine Gemeinsamkeit, nämlich dass sie alle mit „Ich“ beginnen: „Ich bin…“, „Ich habe…“, „Ich finde…“, „Ich sehe…“, „Ich glaube…“ etc.. Und wenn etwas besonders unterstrichen oder betont werden soll, dann wird in den Satz noch das Wort „persönlich“ eingebaut, also zum Beispiel „Ich persönlich bin der Meinung, dass…“ oder „Ich persönlich glaube, dass…“. Hier wird quasi VERDOPPELT („Ich“ plus „persönlich“), um der Aussage zusätzliches Gewicht zu geben und dem Gegenüber/Zuhörer/Leser unmissverständlich zu vermitteln, dass das Gesagte/Geschriebene unverwechselbar „Ich“ ist.

An dieser Stelle muss ich an den Philosophen Sokrates denken, der seine Zeitgenossen vor über 2.000 Jahren zur Weißglut trieb durch die Art und Weise, wie er das, was sie als ihre Ansichten und Meinungen bezeichneten, durch gezieltes Nachfragen als falsche Glaubenssätze entlarvte, die sie ungeprüft und unreflektiert übernommen hatten und ab dem Moment als „meine Meinung“, „meine Ansicht“ etc. bezeichneten. Damit, dass Sokrates es wagte, das, worüber seine Mitbürger sich unhinterfragt definierten, zu hinterfragen, kamen diese nicht zurecht und so war seine Beseitigung nur eine Frage der Zeit (er wurde 399 v. Chr. hingerichtet).

„Unergründlich bin ich und ich bringe es dahin, dass die Menschen nicht mehr weiter wissen.“ (Sokrates)

Das obige Zitat wirkt zunächst vielleicht verstörend, weil „nicht mehr weiter zu wissen“ zunächst nach einem Zustand klingt, den niemand haben möchte. Allerdings beginnt die echte Entwicklung der Persönlichkeit genau an diesem Punkt, nämlich dann, wenn das Individuum anfängt, seine Ansichten und Glaubenssätze (also das, was man sicher zu wissen glaubt), über die es sich als „Persönlichkeit“ definiert, zu erkennen und in Frage zu stellen.

An diesem Punkt beginnt „die Person“ sich vielleicht zu fragen, ob sie unter Umständen noch mehr sein könnte als „pünktlich“, „schnell“, „ordentlich“, „100% ehrlich“, „morgens immer der Erste und abends immer der Letzte“, „strukturiert“, „absolut treu“, „jederzeit hilfsbereit“, „ehrgeizig“ u.s.w.. Und nicht selten passiert es dann, dass man nach und nach erkennt, dass einem das, was man als „seine“ Überzeugung ansieht, irgendwann von Mutter, Vater, dem Staat, der Kirche oder wem auch immer eingetrichtert worden ist und die eingetrichterten Inhalte sich bis heute ungeprüft wieder und wieder im Inneren wie „Autorun“-Programme abspulen und häufig mit dem wahren Wesen ihres „Wirtes“ (also Ihnen selbst) überhaupt nichts zu tun haben. Das führt dann zum Beispiel dazu, dass jemand, der seinem Wesen nach eigentlich ein Apfelbaum ist, sein Leben damit verbringt, ein Pflaumenbaum sein zu wollen, was im besten Falle mehr recht als schlecht funktionieren kann und in der Regel sehr viel Kraft raubt, also etwas darzustellen, das man in der Tiefe seines Wesens gar nicht oder höchstens untergeordnet ist.

Entwicklung der Persönlichkeit bedeutet im tieferen Sinne, das, was „Das bin ich…“ sagt, kritisch und ergebnisoffen zu hinterfragen und bei Bedarf auch zu korrigieren (ggf. auch durch Zuhilfenahme von Coaching, Therapie etc.).

Und das bin ich auch…!

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, zu schauen, was es denn da noch geben könnte, das bisher bewusst oder unbewusst nicht als „Ich“ bezeichnet, also nicht der Persönlichkeit zugerechnet wurde. Dann entdeckt zum Beispiel jemand, der sich bisher ggf. ausschließlich darüber definiert hat, dass er/sie „immer auf der Überholspur“ unterwegs gewesen ist, dass er/sie auch eine unbekannte oder uneingestandene sensible und ruhebedürftige Seite hat und integriert diese neue Erkenntnis in sein Selbstbild. Dies könnte mit folgendem Satz ausgedrückt werden: „Ich bin zügig unterwegs UND ich gönne mir Ruhe“. Bei einem Menschen, der bisher vielleicht sehr mit Konfliktvermeidung identifiziert war (Glaubenssatz „Ich bin immer freundlich“) könnte solch ein Satz lauten: „Ich bin freundlich UND bei Bedarf rede ich Klartext“.

Werden Sie zum Gärtner Ihrer Seele

Eine grundlegende Frage beim Thema Entwicklung der Persönlichkeit ist, ob die Persönlichkeit ein „Transportmittel“ der Seele (wer diesen religiösen Begriff nicht mag, kann ihn auch durch die Bezeichnung „das im Körper strömende Leben“ oder schlicht „Lebensenergie“ ersetzen) ist ODER im ungünstigsten Fall deren Verhinderer. Man kann sagen, dass das im Körper strömende Leben voller Entwicklungs- und Wachstumsimpulse ist, die wie Samenkörner „aufgehen“ wollen und C.G. Jung schreibt „Alles Unbewußte will Realität werden.“ Die Persönlichkeit ist im positiven Falle wie ein/e Gärtner/in der Seele, die/der gespürig und feinfühlig darauf achtet, dass wachsen kann, was in ihr angelegt ist. Therapie, Coaching oder schlicht der Weg der Selbsterkenntnis können dabei helfen bzw. dazu führen, dass sich das Individuum als Person zunehmend dessen gewahr wird, was in Ihm lebt und aus Ihm heraus wachsen und erblühen möchte.

Die Seele drückt sich auf vielerlei Arten und Weisen aus, so zum Beispiel Träume, Körperenergetik, Gefühle, Intuitionen u.v.m.. Nur haben „moderne“ Individuen leider allzu oft keinen Zugang zu dieser reichen Innenwelt und agieren wie im Blindflug, also ohne Anbindung an ihr tieferes Wesen. Sie sind gesteuert von - wie oben schon erwähnt – eingetrichterten oder ungeprüft übernommenen Glaubenssätzen und Annahmen, wie die Dinge zu sein haben. Die Folge eines solchen Lebens „an sich vorbei“ ist an vielerlei Symptomen und Störungen ablesbar wie z.B. Burn-out (= die Seele liefert keinen Strom mehr), Depression, Rastlosigkeit, chronische Unzufriedenheit etc., die in den letzten Jahren dramatisch zugenommen haben.

In diesem Sinne kommt einer stimmigen Entwicklung der Persönlichkeit eine sehr große Bedeutung zu. Wahllos an seiner Persönlichkeit herum zu schrauben oder sie „tunen“ zu wollen, ohne dabei eine Vertiefung der Anbindung an das in sich strömende Leben und dessen Strebungen im Blick zu haben, führt im schlechtesten Fall nur dazu, dass das, was vorher schon falsch war, nach dem Persönlichkeits-Tuning nur noch „falscher“ ist.

Eine Persönlichkeit, die keine Anbindung an die eigene Lebensenergie und deren Potenziale und Ressourcen hat, ist wie ein Navigationssystem ohne Kontakt zum Satelliten. Daher meine Empfehlung: Wenn Sie sich auf den Weg der Entwicklung Ihrer Persönlichkeit begeben, nehmen Sie Ihre Seele mit, denn sie ist das persönlichste, was Sie haben bzw. sind.

Autor: Marcus Freund
Thema: Entwicklung der Persönlichkeit
Webseite: http://www.marcusfreund.de

Autorenprofil Marcus Freund:

Heilpraktiker für Psychotherapie, Psychosynthese-Therapeut und -Coach (Ausbildung am Institut für Psychosynthese und transpersonale Psychologie, Harald Reinhardt, Köln)

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