Was ist Borderline?

Bei der Borderline-Störung handelt es sich um eine Persönlichkeitsstörung. Dieses psychiatrische Krankheitsbild wird in der international geltenden Klassifizierung ICD10 als Unterform der Emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung dargestellt.

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Die Erkrankung zeichnet sich durch Impulsivität und Instabilität von Emotionen und Stimmung aus. Es handelt sich um ein schwerwiegendes psychiatrisches Krankheitsbild.

Borderline-Patienten verspüren intensive Emotionen wie Schuld, Scham, Ohnmacht und Selbstverachtung. Das beeinträchtigt die zwischenmenschliche Interaktion und damit das Beziehungsleben. Ein zentraler Aspekt der Erkrankung ist die Angst vor dem Verlassen werden. Häufig besteht ein Nebeneinander von Sehnsucht nach Geborgenheit und Zuwendung sowie eine stark ausgeprägter Angst vor eben dieser sozialen Nähe. Daraus ergeben sich Spannungszustände. (Quelle: Neurologen und Psychiater im Netz)

Die intensive Anspannung hat eine stressabhängige Reaktion zur Folge, die dazu führen kann, dass sich die Wahrnehmung des eigenen Körpers verzerrt oder gar auflöst. Dieser Zustand wird auch als „Dissoziation“ bezeichnet. Der Körper empfindet keine Schmerzen mehr, manche Betroffene sehen sich wie im Nebel. Geräusche klingen gedämpft und manchmal sind Betroffene nicht mehr in der Lage, sich zu bewegen oder zu sprechen. Es können optische oder akustische Halluzinationen auftreten. Den Borderline-Patienten selbst ist meistens bewusst, dass es diese Stimmen oder Erscheinungen in der Realität nicht gibt und sie vermeiden es, Außenstehenden über diese so genannten „Pseudohalluzinationen“ zu berichten.

Die hier dargestellten Symptome sind weiter gefasst, als dies in der klassischen psychiatrischen Lehre dargestellt wird (Möller, Laux, Deister). Das hängt mit einer in den letzten Jahren erfolgten ausgeweiteten Symptom-Differenzierung zusammen. Eine entsprechende Entwicklung ist beispielsweise auch bei Autismus (Autismus versus Autismus-Spektrum-Störung) festzustellen. 

Mit selbstschädigenden Verhaltensweisen versucht der Patient, die bestehende Anspannung zu verringern. Es besteht eine hohe Komorbidität zu anderen psychischen Erkrankungen. Neben Suizidphantasien sind als Begleitsymptome häufig Depression und Angststörungen, als auch Hyperaktivität und der Konsum schädlicher Substanzen vorzufinden. Daher kommt einer differentialdiagnostischen Abklärung und der Diagnosestellung eine besondere Rolle zu.
 
An einer Borderline-Störung leiden etwa 3 Prozent der Bevölkerung. Diese Störung zeigt sich oft mit Beginn der frühen Adoleszenz (ab dem 12. Lebensjahr). Es sind etwa gleich viele Männer wie Frauen betroffen. Es begeben sich allerdings deutlich mehr Frauen in eine Therapie.

Es gilt als gesichert, dass genetische Faktoren als auch frühe traumatische Erlebnisse eine große Rolle bei der Herausbildung von Borderline spielen. Zusätzlich haben fehlendes oder falsches Interaktions- und Kommunikationsverhalten innerhalb der Ursprungsfamilie einen bedeutenden Einfluss. Ein solches Fehlverhalten führt ganz häufig zu tiefen und prägenden Verletzungen. Es bestehen daher sogenannte  multifaktorielle Ursachen. 

Wie ich als „Heilpraktiker für Psychotherapie“ arbeite

Ich behandle keine Klienten mit Psychosen. Ebenso darf keine Suizidalität bestehen. In solchen Fällen verweise ich auf Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie.

Ich nutze die Methode der „Tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie (TP)“ sowie die „Gesprächstherapie“. Der Wortteil „Tiefe“ in Tiefenpsychologie verweist sowohl auf die verborgene Tiefe des Unbewussten (unbewusste oder unverstandene Wünsche, Motive und Konflikte) als auch auf die „Tiefe der Zeit“. Damit sind  fortdauernde Einflüsse aus Kindheit und Jugend – also Prägephasen – gemeint. Diese unbewussten psychischen Vorgänge haben einen Einfluss auf die psychische Gesundheit. Die Gesprächstherapie orientiert sich an der sogenannten „Personenzentrierten Gesprächsführung“ nach Carl Rogers. 

Ein Fallbeispiel
 
Klientin: Vanessa, 22 Jahre

Anamnese: Vanessa lebt bei ihrer Oma. Im Moment sucht sie eine eigene Wohnung. Vanessa hat einen festen Freund und  arbeitet als Physiotherapeutin.

Ihren Vater kennt sie nicht, er leidet an paranoider Schizophrenie. Bis zum Jugendalter war Vanessa bei ihrer Mutter aufgewachsen, die an einer Borderline-Störung und Stimmungsschwankungen leidet. Als die Klientin
16 Jahre alt war, wurde sie durch das Jugendamt von der Mutter weggenommen (wegen Drogenabhängigkeit der Mutter) und bei ihrer Oma untergebracht.

Vanessa hat seit ihrer Jugend Angst, nicht wertgeschätzt zu werden. Das Selbstbewusstsein ist niedrig.
Die Klientin hat Angst, dass sie kein selbständiges Leben führen kann. Bei Streit sucht sie die Schuld immer bei sich selbst. Dann bestraft sie sich durch Verletzungen. Sie ritzt an den Armen (2-3 mal die Woche). Jetzt geht das nicht mehr, da Vanessa mit Patienten arbeitet. Es müssen andere Körperteile herhalten, sie schlägt sich an den Kopf. Die Klientin verletzt sich, seitdem sie 16 ist. Vanessa grübelt viel und hat negative Gedanken. Es besteht keine Suizidalität.

Wenn sie Streit mit ihrer Mutter hatte, war die Mutter nachts in ihr Zimmer gekommen und hatte sie geweckt.
Hatte sie als Kind Geschenke für die Mutter gebastelt, wurden diese von der Mutter zerrissen. Vanessa erzählt, dass sie von ihrer Mutter geliebt wurde. Sie erkennt aber den offenen Widerspruch zu dieser Aussage und dem Verhalten der Mutter. Seit 2 Jahren hat Vanessa keinen Kontakt mehr zu ihr. Auf Mails der Mutter antwortet sie nicht. Damit kann sie gut leben.

Bis vor ca. 6 Monaten war Vanessa mit einem Ägypter liiert. Diese Beziehung war - wegen der kulturellen Unterschiede - sehr konfliktreich. Ihr Freund tat sich sehr schwer mit ihrer Nichtgläubigkeit und ihrem im Prinzip offenen Wesen. Trotzdem hatten sie einen gemeinsamen Urlaub gebucht.. Ihr Freund war aber auf dem Flughafen nicht erschienen, sie flog allein. Seitdem besteht kein Kontakt mehr.   

Im 90-minütigen anamnestischen Vorgespräch wirkt Vanessa klar und strukturiert. Im Gespräch bestehen  keine Hinweise auf eine Depressivität.  

Verdachtsdiagnose (ICD10)
Borderline-Störung F 60.31
Mittelgradige Depression F 32.1

Was ist ein Anker?

Im täglichen Leben haben wir es häufig mit natürlichen Ankern zu tun. Ein Anker löst ein bestimmtes Verhalten, eine Erinnerung oder ein Gefühl aus. Die rote Ampel ist ein Anker. Der Autofahrer bremst. Ein bestimmtes Musikstück kann ein Anker sein. Es löst Gefühle oder Erinnerungen an eine bestimmte Situation aus.

Therapeutische Interventionen

In der Therapie erfolgt eine Identifizierung von belastenden und schönen (auch wertschätzenden) Bildern aus der Erinnerung der Klienten heraus. Diese intrinsischen Bilder werden über NLP-basierte Imaginations-Techniken gelöscht oder verstärkt.  

Therapie

1. Sitzung: Die Arbeit mit belastenden Bildern aus der eigenen erlebten Geschichte (psychogene Entwicklung) kann dazu führen, dass die Klientin wieder emotional aufgewühlt wird. Das lasse ich als Vertreter der humanistischen Psychotherapie nur bis zu einem gewissen Grad zu. „Einmal leiden heißt: genug gelitten“ ist ein von mir bestehender elementarer Grundsatz. Bei Vanessa wird eine von ihr selbst gewählte Situation der Ruhe und Entspannung - also ein konkretes eigenes Bild -  über Erinnerung verankert (indem sie z.B. ihr Handgelenk umfasst). Diesen Anker kann sie jederzeit selbst nutzen. Im Zeitpunkt der Verankerung berühre ich einen Moment ihren Fußknöchel. Der Zustand der Ruhe wird also auch dort verankert. Auf diese Weise kann ich sie bei der Arbeit mit belastenden Bildern bei Bedarf sofort in einen Ruhe- und Entspannungszustand versetzen.

Seit dem Vorgespräch ist eine Woche vergangen. Vanessa hatte sich in diesem Zeitraum nicht mehr verletzt,
obwohl sie viel Streit mit ihrem Freund hatte. Sie arbeitet intensiv an sich und versucht, zu vernünftigen Lösungen zu kommen. Die Kommunikation mit ihrem Freund muss besser werden. Ich bitte Vanessa darum, sich nicht mehr selbst zu verletzten und ihren Körper zu achten. Es ist der Körper in dem sie wohnt.

Wir sprechen über die Anforderungen an gute und wertschätzende Kommunikation. 

2. Sitzung: Die erste Therapiesitzung hatte sie sehr beschäftigt. Sie hatte sich danach auch wieder selbst verletzt.
Der Ruheanker wirkt noch nicht.  In der Beziehung zu ihrem Freund tut sich etwas. Sie reden mehr.
Heute wird ein belastendes Bild gelöscht. Es ist die Situation, wo die Mutter nachts in ihr Zimmer kommt und sie weckt.     

3. Sitzung: 
Vanessa geht es gut. Sie hat sich nicht mehr selbst verletzt. Sie grübelt weniger. Der Ruheanker wirkt.
Bei Erinnerung an die Bildlöschung bestehen keine belastenden negativen Gefühle mehr. Die Klientin hat einen Mietvertrag unterschrieben und zieht demnächst um. Darauf freut sie sich. Vanessa hat keine Angst mehr, allein zu leben. Sie streitet weniger mit ihrem Freund, sie diskutieren. Folgende negative Erinnerung wird gelöscht:
Vanessa sitzt im Wohnzimmer bei ihrer Oma, hat ihr Handy in der Hand und weint. Ihr Freund (Ägypter) hatte gerade angerufen und mitgeteilt, dass er nicht mit in den Urlaub kommt.

4. Sitzung: Die Gefühle zu ihrem Ex-Freund (Ägypter) sind weniger negativ. Aber Vanessa hatte wieder Streit mit ihrem jetzigen Freund und sieht für die Zukunft schwarz. Ihr Freund ist nicht konfliktfähig, die emotionale Nähe fehlt. „Es wäre besser, wenn ich mich trennen würde“ sagt Vanessa.
Ihr Selbstbewusstsein könnte besser sein, sagt sie. Verletzt hat Vanessa sich nicht mehr. Wir löschen ein belastendes Bild: die Klientin ist 10 Jahre alt. Sie hatte für ihre Mama einen Adventskalender gebastelt. Bei einem Streit zerreißt die Mutter den Adventskalender. Ein schönes Erlebnis, auf das Vanessa ein bisschen stolz ist, holen wir wieder hervor: Nach dem Streit mit ihrem Freund (Ägypter) war sie allein nach Gran Canaria gereist und war sicher mit dem Mietauto an den Strand gefahren. Vanessa gestaltet dieses  Bild in ihrer Erinnerung, lässt es groß werden und gibt ihm Helligkeit und Farbe:

5. Sitzung: Es geht ihr sehr gut. Vanessa hat sich von ihrem Freund getrennt. Ihr Ex (Ägypter) hat sich wieder gemeldet. Darüber hatte sie sich gefreut, aber die Kontaktfrage lässt sie noch offen. Die Klientin hatte sich nicht mehr verletzt und denkt auch nicht mehr daran. Ihre Prägung zu negativem Denken ist besser geworden, sie erlebt positive Gefühle stärker. Vanessa nutzt die von mir vermittelte Technik der abendlichen Zusammen-fassung der positiven Erlebnisse des Tages. Das hilft ihr sehr. Die Gefühle zu dem gelöschten Bild sind neutral. Vanessa ist selbstbewusster geworden. Unabhängig davon bearbeiten wir eine Erinnerung, die ihr Selbst-bewusstsein stärkt. Sie steht vor dem Spiegel und macht eine Übung mit den Hanteln. Dabei bewundert sie ihre positiv entwickelte Schultermuskulatur. Dieses intrinsische Bild gestaltet sie nach ihrem Geschmack.

6. Sitzung: (Therapieende) Vanessa geht es gut. Sie hat Geschenke von Patienten bekommen und sich darüber sehr gefreut. Sie ist wesentlich selbstbewusster als zu Beginn der Therapie und „gesettled“, wie sie sagt.
Sie hatte ihren Ex-Freund (Ägypter) getroffen. Die Situation ist bereinigt und Vanessa ist erleichtert.
Auch ihre Oma hat bemerkt, dass sie sich verändert hat. Vanessa hat sich nicht mehr verletzt und verschwendet auch keinen Gedanken daran. Jetzt freut sie sich auf den Umzug in die eigene Wohnung.

Fazit

Der Klientin geht es nach wie vor gut. Sie hat ein starkes Selbstbewusstsein sowie Konfliktlösungsstrategien entwickelt. Von besonderer Bedeutung war für Vanessa die Entwicklung eines Bewusstseins zu guter, wertschätzender und klarer Kommunikation. 
Der Erfolg dieser Therapie ist auch Vanessas Offenheit und Bereitschaft, intensiv an sich zu arbeiten, zu verdanken. Im Vordergrund stand eine Stärkung des Selbstbewusstsein und die Löschung von belastenden Erinnerungen (Bildern). Letztendlich hatte die Klientin in ihrer Kindheit und Jugend (Prägephasen) viele „Ich bin nicht o.k.-Erlebnisse“ , die eine ausgewogene „Ich-Entwicklung“, insbesondere die Bildung eines starken Selbstbewusstseins überhaupt nicht zuließen.

Autor: Rainer Wieckhorst, Heilpraktiker für Psychotherapie
Thema: Was ist Borderline?
Webseite: http://www.balance-concept.de

Autorenprofil Rainer Wieckhorst, Heilpraktiker für Psychotherapie:

rainer wieckhorst

Rainer Wieckhorst
Heilpraktiker für Psychotherapie mit Praxis in Reinbek
Therapiepraxis Balance-Concept
Kommunikationsexperte, Publizist

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