Paul und Lotti auf Reisen

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An einem schönen Frühlingmorgen wurde Paul wieder einmal vor seinen Eltern wach. Draußen war es noch dämmrig, die Sonne begann erst langsam den Schleier der Nacht zu lüften. Aber auch die Vögel waren schon munter und begannen fröhlich ihr Morgenkonzert.

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Paul sah, dass seine Eltern noch schliefen. So beschloss er auf zu stehen und mit Lotti einen kleinen Ausflug zu machen. Lotti ist eine strubbelige, langhaarige, lebendige, starke und sehr kluge Hundedame mit einer sehr lauten Stimme.

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Lotti sprach viel und laut, Pauls Eltern sagten dazu, sie bellt. Aber niemand verstand Lotti richtig, nur Paul. Allerdings war Paul erst zweieinhalb Jahre alt und hatte selbst noch einige Probleme mit der deutschen Sprache. Später wollte er Hundespracheübersetzer werden, das hatte er sich fest vorgenommen. Lotti war hoch erfreut, als Paul aus dem Schrank im Flur den kleinen Sattel für Lotti und das Zaumzeug heraus holte.

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Er zog seine Schuhe und die Jacke an, setzte sich die Mütze mit den vier Zipfeln auf, wickelte sich das blaue Tuch um den Hals, packte ein Stück Zucker ein, setzte Lotti den Sattel auf, zog leise die Haustür hinter sich zu und los ging es. Lotti trabte in Richtung des Wäldchens los, weil sie wusste, dass Paul dort gern war. Das Wäldchen ist ein wunderschöner Ort mit vielen Bäumen, Blumen, Vögeln und anderen wunderbaren Wesen. Genau deshalb liebte Paul diesen Ort.

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Lotti galoppierte schnell und bald kamen sie im Wäldchen an. Als sie das Wäldchen erreichten, fingen die Bäume an mit den Blättern zu rascheln und zu flüstern: „Paul und Lotti sind wieder da!“ und die Vögel sangen ihre schönsten Lieder.

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Lotti wusste genau, wohin es im Wäldchen gehen sollte. Paul hatte nämlich dort einen heimlichen Freund. An einem schmalen Weg bog Lotti ab, lief noch ein paar Meter weiter und bremste dann scharf. Paul und Lotti standen vor einem großen, grauen und von Wind und Wetter glatt geschliffenen Stein. Dieser Stein war Pauls heimlicher Freund. Nun fragt ihr Euch bestimmt, wie man einen Stein als Freund haben kann? Ob ihr es glaubt oder nicht, auch Steine können, wenn sie es wollen, sprechen. Allerdings ist es so, dass die Steine nicht mit jedem Menschen sprechen. Sie wählen sich ihre Freunde aus, indem sie den Menschen ins Herz schauen. Viele Menschen glauben sowieso nicht, dass Steine sprechen können und deshalb versuchen sie es erst gar nicht. Aber ihr solltet es, vielleicht, wenigstens einmal versuchen mit einem Stein zu sprechen. Ihr werdet ja erleben, was passiert.

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Paul und der Stein waren schon sehr lange Freunde. Eigentlich fast Pauls ganzes Leben lang. Er wusste nicht, ob er vielleicht schon als Baby auf dem Stein gelegen hatte, aber es fühlte sich so an. Der Stein, er heißt wirklich nur Stein, erzählte Paul oft aus seinem langem Leben. Und Paul erzählte dem Stein, was er so erlebte. Manchmal mischten sich die Bäume ringsherum in das Gespräch ein und sie führten gemeinsam laute, lebhafte und interessante Gespräche. Nur wenn ein fremder Mensch in die Nähe kam, wurde es schlagartig still. Niemand sollte sie belauschen. Heute hatte Paul seinem Freund Stein etwas mitgebracht, ein Stück Zucker. Vielleicht wundert ihr euch jetzt? Was will Paul mit einem Stück Zucker im Wald?

Ihr wisst ja schon, dass Paul dem Stein und den Bäumen viel aus seinem Leben erzählte. Das letzte Mal ging es in dem Gespräch darum, was, wie schmeckt. Der Stein wusste sehr genau, wie salzig, bitter und sauer schmeckt. Der Regen schmeckt manchmal sauer, und das Regenwasser spülte Mineralien aus dem Stein und die können salzig oder bitter schmecken. Aber süß? Süß kannten der Stein und die Bäume nicht. Weil Paul Süßes liebte, versprach er, bei seinem nächstem Besuch etwas mit zu bringen, das süß schmeckt. Deshalb hatte er das Zuckerstück mit. Paul holte das Zuckerstück aus seiner Hosentasche und zeigte es dem Stein und den Bäumen. Ein Raunen ging durch die Blätter der Bäume und auch der Stein staunte. Paul steckte das Stück Zucker in eine Spalte des Steines und wartete ab. Der Stein leckte am Zucker und verzog sein Steingesicht zu einem breiten Grinsen. Kurzzeitig veränderte der Stein seine Farbe. Er wurde rosa, aber nur ganz kurz, dann wurde er wieder zu einem normalen  Stein.

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Als die Bäume das sahen, wurden sie sehr neugierig und baten Paul auch um ein Stückchen Zucker. Leider hatte Paul nur dieses eine Stück Zucker in der Hosentasche. Da hatte Lotti die Idee, das Stück Zucker zu zerkrümeln und auf den Erdboden zu streuen, damit die Bäume den Zucker über ihre Wurzeln aufnehmen konnten. Paul zerkleinerte das Zuckerstück und verstreute die Zuckerkrümel auf dem Erdboden zwischen den Wurzeln der Bäume. Die Bäume leckten mit ihren erdnahen Wurzeln daran und waren genauso begeistert wie der Stein.

„Wenn Euch der Zucker so gut schmeckt, bringe ich euch das nächste Mal eine riesengroße Tüte voller Zucker mit!“, rief Paul freudig. Aber der Stein und die Bäume lehnten dankend ab. „Lieber Paul“, sagte der Stein, „ wir danken Dir sehr für das wunderbare Erlebnis des süßen Geschmacks. Aber dieser Geschmack kommt in unserer Stein- und Baumwelt nicht vor, er ist für uns unnatürlich. Deshalb würde uns der Zucker auf Dauer schaden. Aber vielen Dank, dass wir durch Dich etwas Neues kennen lernen durften.“ 

Plötzlich erschrak Lotti: „Paul, es ist schon spät, wir müssen schnell nach Hause, Mama und Papa sollen sich doch keine Sorgen machen!“ Oh je, inzwischen war es ganz hell geworden und die Sonne strahlte in ihrer ganzen Frühlingsschönheit. Die Vögel sangen nicht mehr, weil sie bereits auf der Suche nach Futter für sich und ihre Vogelkinder waren. Paul verabschiedete sich von seinem Freund dem Stein und von den Bäumen. Dann schwang er sich flink auf Lottis Rücken und sie galoppierten in einem irren Tempo zurück nach Hause.

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Zuhause angekommen, horchten Paul und Lotti, ob sich im Haus schon etwas bewegte. Alles war noch ganz still. Paul sattelte Lotti ab, zog seine Schuhe und die Jacke aus, legte seine Mütze und das blaue Halstuch ab und ging ins Schlafzimmer, Mama und Papa schliefen noch. Da kroch Paul zu seinen Eltern ins Bett und kuschelte sich an seine Mutti. „Du bist aber kalt,“ murmelte sie im Halbschlaf. „Bist Du schon lange wach?“ „Ach wo“, antwortete Paul, „gerade aufgewacht.“ Unten, vor dem Bett, lag Lotti und grinste vor sich hin.

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Autor: Katja Michael
Thema: Paul und Lotti auf Reisen
Webseite: https://www.psychotherapie-katja-michael.de

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