Es gibt viele Arten von Stillproblemen: wunde Brustwarzen, Milchstau, zu viel Milch, Baby trinkt schlecht, …
Aber einer der häufigsten Stillprobleme, neben den wunden Brustwarzen und auch Stillängste ist „zu wenig Milch“.
In den häufigsten Fällen ist es tatsächlich nur eine Sorge der Mutter oder ihres Umfeldes, dass zu wenig Milch aus den Brüsten kommt und das Kind unterernährt wird.
Muttermilch verändert sich im Laufe der Stillbeziehung. Sie bildet sich schon in den Wochen vor der Geburt. Am Anfang sieht sie oft gelblich aus, wie Butter. Und so nährstoffreich ist auch diese „erste Milch“, das Kolostrum, wie Butter, der Energiedrink für das Neugeborene. Denn der Neugeborenenmagen ist nach der Geburt noch sehr klein, in etwa so klein wie eine Kirsche (ca. 5-7 ml), deswegen wird in der Brust in diesen ersten Tagen auch nicht mehr als zirka 50 ml in 24 Stunden gebildet. Und wenn man das durch 10-12 Mahlzeiten rechnet, reicht das dem Baby auch völlig aus. Viele Mütter denken, wenn das Baby zur Welt kommt, ist man gleich eine „Milchkuh“ und gibt 3-4 Liter Milch am Tag. Aber so ist es nicht. Die Milchproduktion braucht Tage, um große Portionen zu bilden. Zum Glück ist der Magen des Babys am Anfang sehr klein und wächst mit dem Anstieg der Milchbildung.
Das Kolostrum entwickelt sich in den nächsten Tagen zur Übergangsmilch bis hin zur reifen Muttermilch. Diese Übergangsphase spüren die Frauen immer mit den bekannten „Milcheinschuss“, der richtig als initiale Brustdrüsenschwellung benannt wird. Zirka zwei Wochen nach der Geburt lässt diese Brustdrüsenschwellung nach und die Brust hat sich an Angebot und Nachfrage von dem Säugling angepasst. Genau zu diesem Zeitpunkt bekommen die meisten Babys ihren ersten Schub und haben einen größeren Nähebedarf und einen erhöhten Bedarf an Milch und stillen wieder häufiger. Aus diesen zwei Gründen, also die Brust schwillt ab und das Baby stillt häufiger oder ständig, denkt die Mutter und oft auch ihre Umgebung, dass es zu wenig Muttermilch ist. Meistens stillen sie ab oder fangen spätestens hier an Formulanahrung zu geben. Aber wie schon beschrieben, ist es nur ein Gefühl und meist unbegründet. Der Körper der Mutter stellt sich hier perfekt auf das Baby ein. Die Abgeschwollen Brüste bedeuten nämlich nicht, dass keine Milch mehr gebildet wird. Denn bei der initialen Brustdrüsenschwellung befindet sich nicht nur Milch in den Brüsten, dass sie so anschwellen, sondern auch Lymphflüssigkeit und die starke Durchblutung lässt sie auch praller wirken. Die Lymphflüssigkeit nimmt nach ca. 14 Tagen wieder ab.
Ist diese Übergangsphase geschafft, bildet die Brust täglich bis zu 800 ml Milch. Zwillingsmamas sogar doppelt so viel.
Es gibt noch weitere Situationen in denen Mütter denken zu wenig Muttermilch zu haben, die aber für ein Baby- bzw. Familienleben ganz normal sind:
- das Baby möchte viel getragen werden und man kann es nicht ablegen
- wenn man Milch mit der Pumpe gewinnt, kommt nur ganz wenig oder gar nichts
- das Baby ist häufig in der Nacht wach
- man denkt, man hat zu kleine oder zu große Brüste
- aus der anderen Brust kommt plötzlich während der Stillmahlzeit keine Milch mehr rausgelaufen
- zu lange oder zu kurze Stillmahlzeiten
- Einführung von Beikost
Um aus dieser Verunsicherung rauszukommen, dass man zu wenig Milch hat, gibt es nur ein paar Kleinigkeiten zu beachten. Wenn die folgenden Indikatoren beim Baby nicht mehr stimmen, dann sollte schnellst möglich eine Stillberaterin bzw. eine Hebamme aufgesucht werden.
Indikatoren für ausreichend Milchbildung:
- ausreichend nasse Windeln (ca. sechs pro Tag)
- Baby ist fit und hat aktive und glücklich wirkende Wachphasen
- Baby nimmt kontinuierlich zu
- der Urin ist nicht dunkel gefärbt
- Baby hat regelmäßig Stuhlgang, aber bitte beachten, Stillkinder können im Laufe der Stillbeziehung ihr Stuhlverhalten ändern. Von täglich bis zu achtmal bis einmal in sieben Tagen.
Auch wenn hier beschrieben ist, dass es kein „zu wenig an Milch“ ist, sondern ein Anpassen des Körpers an die aktuelle Situation, so kann es trotzdem sein, dass oben genannte Indikatoren für gute Milchbildung nicht erfüllt sind und das Baby tatsächlich zu wenig Nahrung bekommt. Dafür gibt es viele Gründe, zum Beispiel anatomische, die von der Mutter ausgehen, damit ist zu wenig Milchdrüsengewebe gemeint. Aber hierbei ist zu beachten, dass nur rund 2% aller Frauen aus anatomischen Gründen nicht stillen können bzw. zu wenig Milch bilden.
Der größte KILLER der Milch ist Stress. Egal ob am Stillstart oder in einer etablierten Stillbeziehung. Sobald die Mutter Stress hat, dabei ist es egal ob psychischen oder physischen Stress, geht die Milchmenge oft zurück.
Ein weiterer Faktor für zu wenig Milch ist, wenn man in die Zufütterungsfalle getappt ist
Die Mutter oder das Umfeld vermutet zu wenig Milch, zum Beispiel, weil das Baby nach der Geburt zu viel an Gewicht verloren hat, was übrigens bis 10% weniger als das Geburtsgewicht ganz normal ist. Hierbei ist auch dieser Punkt wichtig: wurde der Mutter unter der Geburt Infusion zugeführt, dann kann die Gewichtsabnahme auch mal größer sein, da sich Flüssigkeit im Körper vom Neugeborenen befindet, die da eigentlich nicht hingehört. Vor lauter Angst, dass das Baby zu wenig Nahrung bekommt, wird Flaschennahrung (Formula) zugefüttert, meist viel zu große Portionen das Baby ist dann zu satt und verschläft die nächste Stillmahlzeit. Dadurch werden die Stillabstände zu lang. Dann trinkt das Baby eventuell durch Saugverwirrung schlechter an der Brust. Somit bekommt die Brust keine Anregung mehr und die Milchbildung geht zurück. Dann beginnt der Kreislauf von vorne und das Baby bekommt wieder die Flasche.
Weitere Gründe für zu wenig Milch können sein: zu wenige Stillmahlzeiten, die zu lange auseinanderliegen oder eine vorangegangene Brustoperation oder eine akute Erkrankung der Mutter, wie zum Beispiel eine Magen-Darm-Erkrankung oder eine chronische Erkrankung, zum Beispiel der Schilddrüse.
Um allgemein Stillproblemen, nicht nur einer geminderten Milchbildung vorzubeugen, ist eine gute Stillvorbereitung wichtig. Mit viel Lesen, Austausch mit anderen Stillmamas und eine gute Aufklärung in einem StillvorbereitungsWorkshop oder ähnlichen kann man Stillproblemen präventiv entgegenkommen. Aber auch eine gute Begleitung zum Stillstart und über die ganze Stillzeit durch eine Hebamme oder Stillberaterin ist wichtig. Denn Stillen ist keine Intuition von der Mutter aus, es ist eine soziale Kompetenz und diese benötigt professionelle Unterstützung und Rückhalt von der Familie.
Was kann man tun, wenn man wirklich zu wenig Milch hat?
- den Stress reduzieren, sich Hilfe aus der Familie oder von Extern, zum Beispiel mit einer Mütterpflegerin oder einer Haushaltskraft holen
- viel mit dem Baby kuscheln, vor allem nackt, nochmal richtig zurück in die Wochenbetthöhle
- vermehrtes Anlegen, täglich zwischen acht bis zwölf Stillmahlzeiten, das ist ein Intervall von ca. 2—3 Stunden, es kann auch öfter gestillt werden
- häufiger Seitenwechsel, auch unter der Stillmahlzeit
- auf eine gute und ausgewogene Ernährung achten
- ausreichend trinken, das muss nicht viel mehr sein, ein Glas pro Stillmahlzeit
- Unterstützung von Experten holen (Stillberaterin oder Hebamme), zum Beispiel für die Anlegetechnik, damit das Baby effektiver Saugen kann oder auch um ein Brusternährungsset anzuwenden
- medizinische Abklärung
- eventuell zusätzlich noch die Milchbildung mit Handgewinnung der Muttermilch oder mit einer Milchpumpe anregen
Aber egal was die Familie, Freunde, die Stillberaterin oder die Hebamme sagt. Zu einer Stillbeziehung gehören immer nur zwei Personen, okay bei Zwillingen auch mal drei Personen. Nur die Mutter und das Kind entscheiden, wie es mit der Stillbeziehung weitergeht und nicht die Anderen. Wenn die Mutter entscheidet, dass sie um die Milch kämpfen möchte ist das völlig okay. Es ist aber auch völlig in Ordnung, wenn die Mutter entscheidet das Baby mit der Flasche zu ernähren. Denn weder dem Kind noch der Mutter nutzt eine stressige Stillbeziehung.
Autor: Lotte (Sandra Rost)
Thema: Milchmangel
Webseite: https://www.lottes-familienatelier.de