Was ist der Unterschied zwischen Atopie und Allergie?
Allergien (einschließlich atopischer) sind überschießende Reaktion des Immunsystems auf harmlose in der Umwelt vorkommende Substanzen (Allergene). Die Bezeichnungen Atopie und Allergie werden häufig als Synonym verwendet, sind aber unterschiedlich. Menschen mit einer Atopie (Atopiker) haben eine genetische Disposition (Veranlagung) auf aerogenen, gastrointestinalen oder kutanen Kontakt mit einer übersteigerten Immunantwort des Soforttyp (Allergie-Typ 1) zu reagieren und diese Immunantwort wird durch Immunglobulin E vermittelt. Atopie ist also keine Krankheit, sondern eine Disposition (Veranlagung), mit der das Risiko für meist allergische Erkrankungen im gesamten Körper steigt. Alle atopischen Erkrankungen werden als allergische Störungen betrachtet, wohingegen viele allergische Krankheiten nicht atopisch sind. Wir beschäftigen uns in diesem Artikel mit dem „atopischen Formenkreis“ und lassen alle sonstigen Allergien außer Acht.
Schaubild atopischer Formenkreis
Wie unterscheidet sich nun noch die Unverträglichkeit von Atopie und Allergie?
Was ist nun eine Unverträglichkeit? Eine Unverträglichkeit ist eine Interaktion von zwei Komponenten (z.B. Nahrungsmittel, Medikamente, Kosmetika, etc.) die negative Folgewirkungen auf den Körper haben und sie ist nicht allergisch. Fast jeder vierte Deutsche leidet an einer Nahrungsmittelunverträglichkeit (laut Spiegel Artikel 2014). Die Zahl der an einer Unverträglichkeit Betroffenen ist deutlich Höher als die der Allergiker. Echte Lebensmittelallergien, also Beschwerden, die durch eine immunologische Reaktion des Körpers auf Nahrungsmittel ausgelöst werden, werden aber immer häufiger. Neueren Studien zufolge sind ca. zwei bis fünf Prozent der Erwachsenen betroffen. Bei einer Unverträglichkeit können häufig einzelne Bestandteile z. B. der Nahrung nicht optimal abgebaut werden, weil bestimmte Enzyme oder Transportsysteme unzureichend arbeiten. Eine Unverträglichkeit ist also keine Erkrankung wie eine Allergie und auch keine Veranlagung wie die Atopie.
Wichtig ist also, wenn Sie entsprechende Symptome haben, lassen Sie eine gute medizinische Abklärung machen. Denn für die Therapie ist es unerlässlich zu wissen, ob man eine Unverträglichkeit oder eine Allergie hat und ob man Atopiker ist. Es empfiehlt sich einen Spezialisten, z.B einen Allergologen (Hautärzte, HNO-Ärzte und Lungenfachärzte, aber auch Internisten, Kinderärzte und Allgemeinärzte mit entsprechenden Zusatzqualifikationen zum Allergologen) aufzusuchen. Erst nach Diagnosestellung ist die dementsprechende Therapie möglich.
Wie erkenne ich, ob ich Atopiker bin?
Atopiker hatten häufig schon als Baby „Milchschorf“, eine trockene Hautrötung mit Ablösen von Hautschuppen, das tritt zumeist erstmals im Alter von drei bis sechs Monaten auf. Über die Hälfte der Kinder, die später an Neurodermitis erkranken, zeigen bereits als Baby Milchschorf als erstes Symptom. Manchmal entwickeln sich die ersten Anzeichen einer Neurodermitis jedoch auch erst im Schulalter. Bei vielen heilt die Erkrankung im Laufe der Schulzeit aus, allerdings bleibt die Veranlagung später an einer Allergie zu erkranken bestehen.
Auffällig ist, dass Menschen, welche an Neurodermitis erkrankt sind, auch an Heuschnupfen (allergischer Rhinitis) und an allergischem Asthma erkranken. Diese drei Erkrankungen fasst man auch als atopischen Formenkreis zusammen.
Steigert eine familiäre Vorbelastung das Allergierisiko?
In der Gesamtbevölkerung liegt das Risiko, eine Atopie zu entwickeln, heute bei ca. 20 Prozent. Es kann jedoch deutlich steigen, wenn eine familiäre Vorbelastung besteht, siehe Diagramm.
Des Weiteren gibt es bestimmte körperliche Merkmale die gehäuft bei Menschen auftreten, die eine Veranlagung zu atopischen Reaktionen zeigen und können somit ein weitere Hinweis auf eine atopische Veranlagung sein.
Hierzu gehören folgende Merkmale:
- eine doppelte Lidfalte am Unterlid (Dennie-Morgan-Falte)
- dunkle Haut im Bereich der Augen
- die Ausdünnung der seitlichen Augenbrauen (Hertoghe-Zeichen)
- juckende, trockene Haut (Xerosis cutis)
- trockene Kopfhaut
- Veränderungen an den Finger- und Zehenkuppen (Pulpitis sicca)
- weißer Dermographismus
- Hornknötchenflechte (Keratosis pilaris)
Zusätzlich zu den oben aufgeführten Merkmalen können die typischen Symptome eine Allergie auf auftreten. Da die Allergene häufig über die Atemluft aufgenommen werden, äußern sich die Reaktionen meist an den Atemwegen, wie beispielsweise in der Nase, im Rachenraum, im Hals, im Kehlkopf, in den Bronchien oder aber auch in der Lunge.
Welche Symptome können auf eine allergische Reaktion hinweisen?
Welche Symptome können im Atemtrakt auftreten?
Nase
- Juckreiz in der Nase
- Allergischer Schnupfen (allergische Rhinitis)
- Verstopfte Nase
- Laufende Nase, Dauerschnupfen, Fließschnupfen
- Niesanfälle, Niesattacken
- Nasenpolypen (gutartige Wucherungen der Nasenschleimhaut)
- Chronische Nasennebenhöhlen-Entzündung (Sinusitis)
- Häufiges Nasenbluten
Mundbereich
- Schwellungen an Zunge, Schleimhäuten oder der Lippe
- Verminderter Geruchs- und Geschmackssinn
Rachen und Hals
- Heiserkeit
- Ständiges Räuspern
- Halsschmerzen und Schluckbeschwerden
- Halsentzündungen
- Schwellungen
- Juckreiz im Rachen / Gaumen / Mundraum
Bronchien und Lunge
- Verschleimte Atemwege
- Atembeschwerden
- Bronchitis
- Hustenreiz bzw. trockener Husten
- Pseudokrupp (eine akute Infektion der Atemwege, die vor allem Kinder betrifft)
Welche Symptome können auf der Haut auftreten?
- Hautreizungen und –rötungen
- Hautentzündungen
- Juckender Hautausschlag bzw. Ekzeme (Kontaktekzem)
- Juckende Hände
- Pickel
- Nesselsucht
Welche Symptome können in den Augen auftreten?
- Gerötete Augen
- Schwellungen der Augenlider
- Tränende Augen
- Juckende Augen
- Brennende Augen
- Lichtscheu
- Gefühl von trockenen Augen
Welche Symptome können im Magen-Darm-Trakt auftreten?
- Übelkeit
- Bauchschmerzen und -krämpfe
- Durchfall
- Chronische Erkrankung des Dünndarms (Zöliakie)
Gibt es Therapiemöglichkeiten für Atopiker und wenn, ja welche?
Nach dem wir ja im oberen Teil schon gelesen haben, dass Atopie eine genetische Veranlagung ist und somit angeboren und nicht erworben ist, heißt dieses, das es dafür keine eigentliche Therapie geben kann. Allerdings entwickelt auch nicht jeder Atopiker eine Allergie. Somit gibt es wichtige Empfehlungen für Atopiker.
Auf was sollen Eltern eines Atopiker Babys achten?
Wenn ein Elternteil oder sogar beide Eltern Atopiker / Allergiker sind wurde schon im weiter oben im Artikel darauf hingewiesen, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind auch eine Veranlagung zur Entwicklung einer Allergie erbt, steigt. Somit sollten sich die Eltern bereits vor der Geburt informieren, worauf Sie achten können.
Es gibt einige schützende Maßnahmen - dazu gehört z.B. das Stillen. Zusätzlich kann eine gesunde Lebensweise (ausgewogene (Bio-) Ernährung, wenig Alkohol und regelmäßige körperliche Betätigung) das Gesamtsystem des Körpers stärken. Denn ein „stabiles" Immunsystem ist besser in der Lage, mögliche Allergieauslöser zu tolerieren. Die traditionelle indische Medizin (Ayurveda) empfiehlt Ehepaaren welche Kinder bekommen möchten, sich als erstes selbst einer Entgiftungs- und Reinigungs-Kur und anschließend einer Aufbau-Kur zu unterziehen. Im Hinblick auf die Vererbbarkeit der Atopie finde ich das äußerst sinnvoll. Ich kann Ihnen das Buch von Dr. Karin Pirc: „Das große Ayurveda-Buch für Mutter und Kind“ empfehlen. Es enthält meiner Meinung nach sehr wertvolle Information und bereichert Ihr Leben und das Ihrer Familie.
Was sollte ich beachten, wenn ich Atopiker bin, um keine Allergie oder allergische Reaktion zu entwickeln?
Vorbeugende Maßnahmen können sinnvoll sein.
Provokationsfaktoren unbedingt meiden!
Neben der erblich bedingten Neigung, gibt es verschiedene äußere Faktoren, die Einfluss auf das Krankheitsgeschehen haben, sogenannte Provokationsfaktoren. Häufig lässt sich auch nicht ein Auslöser erkennen, vielmehr ist es ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren:
- Allergene (bestimmte Eiweißstoffe, z. B. aus Pollen, Tierhaaren, Hausstaub oder Nahrungsmitteln wie Soja, Nüssen etc.)
- Zigarettenrauch und Umwelt-schadstoffe
- Übermäßige, falsche Hautreinigung und Hautpflege
- Falsche Kleidung aus rauen Synthetik- oder Wollfasern kann die Haut reizen. Enge, luftundurchlässige Kleidung kann zu Wärmestau auf der Haut und verstärktem Juckreiz führen.
- Infektionen, ausgelöst durch Viren, Bakterien oder Pilze, schwächen das Immunsystem
- Klima und Jahreszeit
- Psychische Belastungen wie Stress und Aufregung haben Einfluss auf das Immunsystem.
- Kratzen
Die Ausschaltung individueller Provokationsfaktoren ist meiner Erfahrung nach unerlässlich.
Da ein Atopiker ja ein erhöhtes angeborenes Risiko hat, eine Allergie zu entwickeln, stellt sich die Frage: wodurch kann der Körper an einer Allergie erkranken?
Jede Fremdsubstanz kann zu einem Allergen werden und somit eine Allergie auslösen, z.B.:
Sobald erste Anzeichen einer Allergie oder Sensibilisierung festzustellen sind, ist es wichtig, das verursachende Allergen zu erkennen und möglichst konsequent zu meiden.
Atopiker profitieren vom richtigen Hautschutz und richtiger Hygiene. Meiner Erfahrung nach ist es unerlässlich, die Haut einerseits richtig und schonend zu reinigen und andererseits regenerierend und schützend zu pflegen. Das heißt die richtige Hautkosmetik und Mundhygiene ist unerlässlich. Es empfiehlt sich einen Spezialisten im Bereich medizinischer Hautpflege wie Hautarzt und Heilpraktiker aufzusuchen und sich beraten zu lassen. Wir z.B. bieten unseren Patienten zusätzlich zur Beratung und Betreuung spezielle Hautbehandlungen zur täglichen Pflege mit den Heimprodukten an. Aufgrund der vielfältigen auslösenden Möglichkeiten einer atopischen Haut, ist ein hochgradig individualisiertes therapeutisches Vorgehen erforderlich, das der komplexen Pathophysiologie gerecht wird.
Küsse können in der Notaufnahme enden!
Auch Stunden nach der Mahlzeit sind noch Allergene im Speichel der Partners zu finden, obwohl das Essen schon lange verdaut ist. Bei einem Kuss werden ca. 8 Miligramm des Allergens weiter gegeben, schon 1 Miligramm reicht bei Allergikern aus, um eine allergische Reaktion auszulösen. Also Achtung: küssen Sie als Atopiker nicht einfach darauf los! Wir empfehlen Partnern von Allergikern vor Intimitäten gründlich die Zähne zu putzen und auszuspülen und 24 Stunden vorher kritische Speisen zu vermeiden. Nicht nur Speichel enthält Allergene sondern auch Sperma, welches zusätzlich noch ca. 27 verschieden Viren enthalten kann. Es wird vermutet, dass auch Penicillin übertragen wird. Also auch hier ist Vorsicht geboten.
Vorausschauendes, bewusstes Verhalten ist auch bei der Berufswahl angebracht. Häufig müssen Jugendliche ihre Lehrstelle wegen sich entwickelnder Allergien abbrechen. Betroffen sind vor allem Friseur-, Bäcker- und andere Handwerksberufe, in denen täglich mit stark allergenen Substanzen umgegangen wird. Daher sollten insbesondere Atopiker keinen Beruf ausüben, der einen Umgang mit solchen Stoffen bedingt.
Fazit
Allergien, Atopien und Unverträglichkeiten werden angesichts steigender Zahl von Fremdstoffen in der Nahrung, der Luft, in Kleidung und Kosmetika in Zukunft vermutlich eher noch steigen. Umso wichtiger scheint daher ein bewusster und kluger Umgang mit diesen Faktoren und auch eine öfter statt findende Selbstüberprüfung zu sein: Entwickele ich eventuell bereits die oben beschriebenen Symptome? Sollte ich unter Umständen auf irgendetwas verzichten?
Wie auch immer Ihre eigene Antwort darauf lauten mag, gehen sie diesen Weg nicht alleine, sondern lassen Sie sich von kompetenten Fachleuten daraufhin unterstützen, da das Auffinden der auslösenden Stoffe unter Umständen selbst mit High-Tech Unterstützung nicht einfach sein kann.
Autor: Elke Sylvia Vogt und Ralf Vogt MSc, DO (Heilpraktiker / Physiotherapeuten)
Thema: Atopische Haut - Vererbte Überempfindlichkeit des Immunsystems
Webseite: http://www.vogt-info.com